Energiezentrale Unterfeld, Zug und Baar

  • Bauherrschaft: WWZ Energie AG, Zug
  • Leistungsphasen: Wettbewerb 2021, 1. Rang
    Ausführung 2022-2024
  • Architekten: Lütjens Padmanabhan, Zürich

Eine sich wandelnde Erscheinung

Die Energiezentrale Unterfed wird die Region mit erneuerbarer, aus dem Zugersee gewonnener Wärme- und Kälteenergie versorgen.
Der Kreislauf des Wassers ist denn auch das Thema des Entwurfs, der das übergreifende natürliche System einbindet und umgekehrt den Baukörper zum Teil dieses Systems macht.
Die neue Unterzentrale bildet eine prägnante, sich nach oben öffnende Figur im Landschaftsraum. Sie verbindet Himmel und Erde. Ihre geometrische Geste erscheint zugleich natürlich und künstlich, fragil und kraftvoll.
Die Gebäudehülle liegt wie ein dem Wetter ausgesetzter künstlicher Fels in der Landschaft: ein Findling und damit ein Fremdling, der mit seiner organischen Patina über die Jahre mehr und mehr in seine Umgebung hineinwachsen wird und doch als gebauter Körper ablesbar bleibt. Das ganze Jahr über fliesst Regenwasser vom Dach über die Fassaden, versickert im Boden und gelangt über den Bach zurück in den Zuger See. So entsteht neben dem Seewasserkreislauf ein zweiter Wasserkreislauf, der Natur und Architektur sinnlich miteinander verbindet.
Die Oberfläche des künstlichen Felsens besteht aus rohen Eternittafeln. In ihren rauen Strukturen werden sich mit der Zeit Flechten und Moose ansiedeln, die wiederum den Boden für Flugsamen von Wildkräutern und -blumen bereiten. In den Rinnen der Eternithülle sammelt sich Laub und organisches Material, wird zu Humus für krautige Pflanzen und schliesslich für Pioniergehölze wie Weiden oder kleine Birken – für die Vegetation eben, die Wind und Vögel hierhertragen. Je nach Exposition, Schattenwurf der Bäume rundum und Wasserversorgung entwickelt der Fels eine vielfältige, stetigem Wandel unterworfene organische Hülle, hier ein zartes Kleid aus Moos und Flechten, dort ein üppiger vegetativer Pelz, gelegentlich unterbrochen von einem Stück nackter Eternit-Haut.

Über die sich wandelnde Erscheinung des Gebäudes wird sich ein natürlicher Prozess abbilden, der die Idee versinnbildlicht, dass ein nachhaltiger Umgang mit unserer Umwelt Zeit und Geduld erfordert, im Einklang mit dem Rhythmus natürlicher Prozesse. Das drückt sich auch in der Umgebung aus: einer naturnahen Grünfläche im begrenzenden Rahmen des revitalisierte Bachs mit seinem Ufergehölzgürtel. Das flache Ufer mit heimischen Gehölzen geht nahtlos in die offene Blumenwiese mit den Gebäuden über – das klassische Bild des Findlings in der Lichtung reibt sich an der feinen Irritation, die sich aus der Koexistenz und Verflechtung der geometrischen Figur und baulichen Struktur des Felsens mit seinem Bewuchs und seinem Umfeld ergibt.
Der künstliche Fels und seine Umgebung werden zu einem Ort für Spaziergänger und Besucher aus den neu entstehenden Quartieren.
Wie die Flusskraftwerke und Talsperren zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts den Aufbruch in die alpenländische Moderne verkörperten, wird die Unterzentrale Unterfeld zu einem emblematischen Symbol für eine neue Verbindung zwischen nachhaltiger Technologie und einem sinnlich erfahrbaren Naturverständnis. Im Schatten des Baumdachs, das den Erweiterungsperimeter absteckt, liegen Sitzgelegenheiten und ein Grill – eine Einladung, den Ort einzunehmen und den symbolhaften Prozess der Rückeroberung eine Zeit lang mit zu erleben.

Bilder und Text: Stand Projektwettbewerb